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Die Synagoge

Die Schleusinger Synagoge

Bereits 1836 ist im Gasthaus „Zur Sonne“ ein Betsaal nachweisbar. Dieses stand auf dem Grundstück der nachfolgenden Synagoge. Ebenfalls wurde für die religiöse Unterweisung der Kinder in der Langen Gasse 149, im III. Stock Räumlichkeiten genutzt. Als am 14.8.1876 das alte Gasthaus „Zur Sonne“ abgebrannt war, stellte die jüdische Gemeinde durch Louis Mayer, dem Vorsteher, einen Bauantrag für eine Synagoge. In den Jahren um 1880 hatte die jüdische Gemeinde Schleusingens eine Mitgliederzahl von ca. 80 (siehe die Einwohnerzahlen von Schleusingen).

Nachdem die Baubehörde ihre Zustimmung gegeben hatte, wurde das Gotteshaus mit einem rituellen Bad, der sogenannten Mikwe, gebaut und am 26.10.1881 durch den Leipziger Rabbiner Goldschmidt eingeweiht.

Skizzen aus dem Bauantrag der jüdischen Gemeind
Skizzen aus dem Bauantrag der jüdischen Gemeind

Skizzen aus dem Bauantrag der jüdischen Gemeinde (KrA Hildburghausen: Stadt Schleusingen, 3/901, Neubauten und Reparaturen 1878 – 1884, Neubau einer Synagoge für die israelitische Gemeinde)


Auszug aus dem „Henneberger Kreisblatt“

Im „Henneberger Kreisblatt“ ist am 11.11.1938 Folgendes zu lesen:

Auszug aus dem „Henneberger Kreisblatt“

Die Schleusinger Synagoge

Foto: Die Schleusinger Synagoge (Sammlung: Archiv Bertholdsburg Schleusingen)

Die Schleusinger Synagoge

Foto: „Gasthof zur Sonne“ (Sammlung: Hans Schulz)

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite baute die Stadt nach dem Stadtbrand den neuen „Gasthof zur Sonne“.
In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde die Synagoge geplündert, die Inneneinrichtung angebrannt, die farbigen Butzenscheiben eingeschlagen, der Leichenwagen, der sich hinter der rechten Tür (Rundbogentür im Bild) befand, wurde herausgeholt und angezündet.
Die herbeieilenden Feuerwehrmänner, die den Brand löschen wollten, wurden ins Feuerwehrhaus eingesperrt. Doch Anwohner löschten aus Angst vor dem Übergreifen des Feuers die Flammen.

In dieser Nacht inhaftierten stadtbekannte Nationalsozialisten die jüdischen Männer zwischen 18 und 60 Jahren: Oskar Schwab (48 Jahre alt) und Karl Müller (52 Jahre alt) wurden aus ihrer Wohnung in der Adolf-Hitler-Straße 2, heute Bahnhofstraße 2 abgeholt, genauso wie Theobald Götz (58 Jahre alt) aus seinem Haus in der Langen Gasse 149/Brauhausgasse 1 . Sein Sohn Gustav (18 Jahre alt) war bereits im KZ Buchenwald inhaftiert, seine anderen Söhne waren noch zu jung. In der Bertholdstraße 22 wäre noch Harry Lang im entsprechenden Alter gewesen, doch auch er war bereits seit 1935 im KZ Dachau und so blieb für die Aktionisten nur noch der Familienvater der Daniels, der im 2. Stock seines Wohnhauses in der Bertholdstraße 24 wohnte.

Bekannt ist die ungewöhnliche Geschichte des 15jährigen Erich Rosengarten, der als Gehilfe bei der Familie Theobald Götz gearbeitet hat. Er soll es in dieser Nacht geschafft haben, die Thora-Rolle aus der Synagoge an sich zu nehmen, um sie in Sicherheit zu bringen. Er hätte sie in einer Scheune versteckt, wäre aber dabei von Schleusingern beobachtet worden und, wie sein Bruder später einem Klassenkameraden berichtete, „verdroschen“ und gemeinsam mit den anderen jüdischen Männern abgeführt worden sein.

Gemeinsam mit den Verhafteten aus Hildburghausen und dem Hildburghäuser Unterland mussten sie die Nacht in der Turnhalle der Schule, in der Fischbacher Straße verbringen, um am nächsten Tag ins KZ Buchenwald überführt zu werden. Dort wurden mehr als 9800 Neuzugänge an Juden verzeichnet. Erich Rosengarten verblieb wegen einer Erkrankung nur kurze Zeit im KZ Buchenwald.

Dass die Pogromnacht langfristig vorbereitet worden war, zeigen die Handlungsanweisungen aus dem „Fernschreiben des Geheimen Staatspolizeiamtes an alle Staatspolizei(leit)stellen“: „Es werden in kürzester Frist in ganz Deutschland Aktionen gegen Juden insbesondere gegen deren Synagogen stattfinden. Sie sind nicht zu stören [...] Es ist vorzubereiten die Festnahme von etwa 20–30 000 Juden im Reiche. Es sind auszuwählen vor allem vermögende Juden [...].“


Die Gedenktafel

Heute erinnert an die ehemalige Synagoge eine Gedenktafel, die von einem Schleusinger Bürger initiiert worden war.

Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge

Foto: Die Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge (Sammlung: Kerstin Möhring)


In den 50er Jahren wurde das Gebäude neu aufgebaut, nur die Grundmauern sind erhalten geblieben. Zeitweise wurde das Haus als Arztpraxis genutzt, heute ist es ein Wohnhaus.

Das heutige Gebäude der ehemaligen Synagoge

Foto: Das heutige Gebäude der ehemaligen Synagoge (Sammlung: Kerstin Möhring)

Teil des Bauplans zur Neunutzung der ehemaligen Synagoge

Teil des Bauplans zur Neunutzung der ehemaligen Synagoge (Original Friedrich Schmidt)

In Gedenken der Reichspogromnacht

Jedes Jahr in Gedenken der Reichspogromnacht finden hier die Gedenkveranstaltungen statt.
Anlässlich des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht wurden die jüdischen Überlebenden vom Bündnis gegen Rechtsextremismus Schleusingen für mehrere Tage nach Schleusingen eingeladen.

Einen Beitrag zur Gedenkfeier mit Bildern, Zeitungsartikeln, Videoaufnahmen und einem Radiobeitrag können Sie auf der folgenden Seite nachlesen.

Die Gedenkfeier
Die Gedenktafel mit Kranz

Foto: Die Gedenktafel mit Kranz (Sammlung: Kerstin Möhring)